Die Frage könnte auch lauten: Warum du nie aufhören solltest, neugierig zu sein. Denn anders als in der Schule, kannst Du jetzt lernen, was Dich interessiert. So bequem Routine sein kann, mit der Zeit wird es langweilig, wenn in der Arbeit Stillstand ist.


Lernen ist schön

„Du lernst nicht für die Schule, sondern für dein Leben“. Mit diesem Spruch wurde versucht, Generationen von Schüler*innen das Lernen schmackhaft zu machen. In Ausbildung oder Studium haben viele ihre Lernmethode optimiert, um den Anforderungen gerecht zu werden. Sie haben in kurzer Zeit viel Wissen aufgenommen, um es zum Prüfungstermin wieder ausspucken zu können. Jahre später fragt man sich, wozu das gut war. Spaß hat es nicht gemacht.

Wer Glück hatte, konnte Freude am Lernen entwickeln. Neues zu lernen, begleitet uns eigentlich täglich. Gesellschaft und Wirtschaft verändern sich ständig. Wer Lernen gelernt hat, kann neuen Herausforderungen entspannter begegnen, weil er flexibel bleibt. Bei mir war die Freude am Lernen immer gegeben, wenn ich Lehrerinnen und Lehrern begegnet bin, die alles eingesetzt haben: Ihren Kopf und ihr Herz und ihre Seele.

Die Psychiaterin und Sterbeforscherin Elisabeth Kübler-Ross hat das einmal so ausgedrückt:

„Wissen ist zwar nützlich, aber Wissen allein hilft niemandem. Wenn Sie nicht alles einsetzen – Ihren Kopf und Ihr Herz und Ihre Seele – werden Sie keinem einzigen Menschen je wirklich helfen können.“

Im Unterschied zu einem verkopften Wissen und Checklisten, die man dann abarbeiten kann, ist Lernen mit Herz und Seele untrennbar mit der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit verbunden. Kübler-Ross hat darauf hingewiesen, dass Bildungsarbeit im Bereich Sterben, Tod und Trauer den Auftrag hat, die ganze Person des Helfenden einzubeziehen.

Kennst Du den Dunning-Kruger-Effekt?

Warum treten manche Menschen mit einem enormen Selbstbewusstsein auf und sehen sich als Experten, obwohl sie Anfänger sind? Warum zweifeln manche Menschen an ihren Fähigkeiten, obwohl sie langjährige Erfahrungen in ihrem Beruf mitbringen?

Die beiden Sozialpsychologen David Dunning und Justin Kruger haben sich in den 1990-er Jahren intensiv mit diesem Thema befasst. Wenn eine Person, sich irgendwo erstes Wissen über ein Thema (in unserer Betrachtung: Trauerreden) angeeignet hat, dann glaubt sie schon extrem viel zu wissen. Weil: sie hat ja in kurzer Zeit viel neues gelernt. Mit dem Ergebnis, dass die Person selbstbewusst auftritt.

Wer dann weiterlernt, kennt den umgekehrten Effekt. Wer tiefer in das Thema einsteigt, merkt plötzlich, dass noch viel mehr dazu gehört. Die Folge: das Selbstvertrauen sinkt.

Dieses Verhalten nennt die Wissenschaft Dunning-Kruger-Effekt, der in vier Stufen beschrieben wird.

  1. Wenn wir etwas neues lernen, dann glauben wir, schon alles zu wissen. Das Selbstvertrauen steigt und wir sind bereit unser Wissen nach außen zu tragen. Wer hier aufhört zu lernen glaubt, er oder sie sei eine Fachperson (Dunning-Kruger-Effekt).
  2. Wenn wir aber weiterlernen merken wir, die Zusammenhänge sind viel komplexer. Die Motivation lässt nach und das Selbstvertrauen sinkt. Wer hier aufhört zu lernen glaubt, er oder sie hat nichts gelernt (Umkehr-Effekt).
  3. Wenn wir hier dranbleiben, dann gewinnen wir unser Selbstvertrauen zurück.
  4. Am Ende können wir mit viel Wissen und viel Selbstvertrauen unsere Arbeit ausführen.

Gut erklärt ist der Dunning-Kruger-Effekt in diesem Video:

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Zum Glück nennen Dunning und Kruger aber auch gleich die Lösung: Lebenslange Weiterbildung.

Nur wer sich weiterbildet und kritisch bleibt, kommt aus der anfänglichen Überheblichkeit und den späteren Selbstzweifeln wieder heraus und findet zum Selbstvertrauen zurück.

Kompetenzkategorien

Das Konzept des lebenslangen Lernens unterscheidet zwei Kompetenzkategorien :

1. Fachkompetenz
Dazu zählen „Wissen“ (Fachwissen, Wissen über Produkte, Abläufe, sprachliche Fähigkeiten) und „Fertigkeiten“ (Arbeitstechniken, Projektmanagement, Problemlösungsfähigkeit und Zeitmanagement).

2. Personale Kompetenz
Dazu zählen „Sozialkompetenz“ (Kommunikations-, Moderations-, Team, Kritik- und Konfliktfähigkeit) und „Selbständigkeit“ (Glaubwürdigkeit, Selbstvertrauen, Motivation, Eigenverantwortung, Gewissenhaftigkeit und Initiative).

Menschen, die andere in einer Lebensveränderung begleiten, benötigen spezialisiertes Fachwissen und Fertigkeiten sowie eine reflektierte Haltung. Erfahrung, Reflexion und Persönlichkeitsentwicklung haben einen hohen Stellenwert.

Der Begriff „lebenslanges Lernen“ wird häufig als Synonym für „lebensbegleitendes Lernen“ benutzt. Das Konzept des lebenslangen Lernens besagt, dass Lernen nicht mit dem Ende der Schule bzw. der Berufsausbildung oder des Studiums abgeschlossen ist. Es umfasst Lernen aus persönlichen, sozialen und beruflichen Gründen. Das ganze Leben ist ein umfassender Lernprozess. Das macht es manchmal schwierig, zu vermitteln, warum Trauerredner*innen Aus- und Fortbildung brauchen.

Denn jeder bringt ja schon etwas mit: die Fähigkeit zu sprechen und zu schreiben, Empathie, eigene Abschieds- und Trauererfahrungen. Andere meinen, der gesunde Menschenverstand, das eigene Gefühl, die eigene Intuition reichten aus. Man könne reden oder eben nicht. Man lebe einfach seine Berufung.

Lebenslanges Lernen

Schule, Studium oder Ausbildung und das ein oder andere Praktikum – dann ist es endlich geschafft: Du hast alles gelernt, was Du brauchst. Diese Einstellung war mir schon immer fremd. Ich bin viel zu perfektionistisch, auch zu neugierig, um mich mit Halbwissen zufrieden zu geben.

Schon während es Studiums habe ich als Teamerin bei Jugendbildungsmaßnahmen mitgearbeitet und meine ersten Erfahrungen in der Leitung von Gruppen gemacht. Die ersten zehn Jahre meines Berufslebens war ich in der Bildungsarbeit tätig. Ich habe Kinder- und Jugendgruppenleiter*innen ausgebildet. Dazu habe ich – vom Arbeitgeber gefördert – zig Weiterbildungen gemacht: Gruppendynamik, Bibliodrama, Psychodrama, Erlebnispädagogik, Projektmethoden usw. Über die Jahre ist so meine Methodenkompetenz gewachsen, aber in jeder Fortbildung war auch ein Anteil Selbsterfahrung dabei, mit der ich mich weiterentwickelt habe.

Längere Ausbildungen in Transaktionsanalyse, Trauerbegleitung und Visionssuchearbeit folgten. Später als Trauerrednerin kamen berufsbezogene Weiterbildungen dazu: Stichwort Ritual, Trauma, Stimmbildung, Social Media.

In meinem Leben habe ich es immer so gehalten: wenn mich ein Thema angezogen hat, habe ich es vertieft. Mich beschäftigt dabei immer die Frage, wie ich das Gelernte in meiner Arbeit umsetzen kann, wie es mein Angebot verändert, wie es meine Arbeit verbessert.

Lebenslanges Lernen ist eine wichtige Einstellung, die große Chancen bringt. Nicht nur beruflich, sondern auch privat in der Persönlichkeitsentwicklung.

Wie es zum Trauerreden Campus kam

Viele Jahre habe ich als Trauerrednerin gearbeitet, bis zu dem Punkt, an dem sich mein „früheres Leben“ in der Bildungsarbeit wieder gemeldet hat. Inzwischen hatte sich das Internet entwickelt und mir war klar, dass ich die Vorteile beider Welten – online und offline – miteinander verbinden will.

So ist als erstes die Ausbildung zum Trauerredner/ zur Trauerrednerin entstanden. Immer haben sich Interessent*inn*en gefunden, die Zeit und Geld nicht gescheut haben, um gut vorbereitet in diesen Beruf zu starten.

Mich haben aber auch immer wieder Menschen angerufen, die gesagt haben: Ich bringe dieses und jenes schon mit, ich habe schon eine Trauerbegleiterausbildung, ich bin schon seit 20 Jahren selbständig, bin schon Beraterin etc. Das Komplettpaket brauche ich nicht. Die Gespräche mündeten in dem Satz: Bietest Du die Themen der Module auch einzeln an? In einer Woche drei solcher Anrufe – und mir war klar, dass hier ein Bedarf und eine Nachfrage ist.

Trotzdem hat es drei Jahre gedauert, bis ich mit dem Trauerreden Campus gestartet bin und es dauert auch jetzt noch, meine Ideen für die Vermittlung einzelner Themen Schritt für Schritt umzusetzen.

Die Ausbildungsgruppe

Eine gute Basis ist die Ausbildungsgruppe. Das Programm dauert 18 Wochen jeweils Mitte September bis Ende Januar des darauffolgenden Jahres. Die Mischung aus Präsenzseminaren und Onlinelernen hat sich bewährt.

Die Seminare

Die Präsenzseminar sind offen für alle bereits tätigen Trauerrednerinnen und Redner

Seminar 1: Die Trauer der Trauerredner*innen

Bei der Entscheidung mit Trauernden zu arbeiten spielen oft eigene Erfahrungen eine Rolle. Selbst durchlebte Trauer und geglückte Begegnungen motivieren, anderen hilfreich zur Seite zu stehen. Manchmal ist es auch die Suche nach Lösungen, wenn ein eigener Abschiedsprozess ins Stocken geraten ist.

Das Seminar unterstützt Dich, eigenen Trauererfahrungen nachzuspüren, Trauer als heilsame Kraft zu erfahren und mit eigener Betroffenheit in der Trauerfeier umzugehen. Du kannst in einem geschützten Rahmen die verschiedenen Facetten der Trauer ausloten und für Deine Arbeit nutzbar machen.

Seminar 2: Die Trauerfeier als Übergangsritual

Rituale anleiten und begleiten bei Abschiednahme, Trauerfeier und Bestattung. Rituale helfen beim Abschiednehmen. Doch immer mehr Angehörige sind ohne religiöse Bindung und Bezug zu kirchlichen Ritualen. Du benötigst eine rituelle Gestaltung, die sowohl traditionelle Elemente enthalten kann, aber auch neue Impulse gibt.

Das Seminar unterstützt Dich, Deine grundlegende Haltung zu Ritualen zu reflektieren. Du experimentierst mit verschiedenen Formen, Symbolen, Worten, Liedern und rituellen Handlungen. Du lernst, worauf es ankommt, wenn Du Rituale anleitest. Es geht und den Sinn und Zweck von Ritualen und die Möglichkeiten, Angehörige in die Ritualgestaltung einzubeziehen.

Seminar 3: Authentisch sprechen – Sicherheit im Auftritt als Trauerredner*in

Jede Rede entfaltet eine Dramaturgie. Die innere Haltung strahlt nach außen. Neben einer guten Rhetorik hängt eine stimmige Rede von der inneren Präsenz des Redners / der Rednerin ab, von Atem, Stimme, Gesten und Raumbewusstsein.

Du erlebst und erprobst in diesem Seminar, wie du eine authentischen Gegenwart in der Trauerfeier und am Grab entwickeln und deinen eigenen Stil finden kannst.

Seminar 4: Familiensysteme – Mit systemischem Wissen Gespräche und Trauerreden achtsam gestalten

Die Erkenntnisse der Systemtheorie und von Familiendynamiken ermöglichen eine Arbeitsweise, die frei ist von Wertungen. Der systemische Ansatz ermöglicht es, einen verstorbenen Menschen über seine Lebensdaten und Interessen hinaus, innerhalb seiner Familie, seinen Prägungen und seinen Herausforderungen im Leben zu beschreiben. Im Fokus der Trauerrede sind so die Menschen in ihren Beziehungen.

Im Seminar erfährst Du, wie Du im Gespräch mit den Angehörigen das Genogramm souverän nutzen kannst. Mit praktischen Übungen lernst Du ein Handwerkszeug kennen, mit dem Du unterschiedliche Interessen in Einklang bringen und schwierige Themen in die Trauerrede aufnehmen kannst. So gibst Du Impulse, die die Trauer erleichtern und die Zugehörigen, Familie und befreundete Menschen stärken.


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