Das „Praxisbuch Trauerfeiern und Bestattungen. Trauernde verstehen – Abschiedsrituale gestalten“ von Barbara Lehner ist 2021 im Patmos-Verlag erschienen. Ein Grundlagenwerk für alle, die kirchliche oder freie Trauerfeiern und Bestattungen leiten.


Wirklich ein Praxisbuch

Barbara Lehner führt herzlich und fachkundig in die Welt der Rituale ein, beschäftigt sich mit den Grundlagen von Abschiedsritualen, entwickelt ihr eigenes Modell für Bestattungsrituale und erläutert die Grundelemente von Trauerritualen. Durch alle Ausführungen hindurch ist ihre Haltung als Ritualleiterin spürbar. Es geht darum, als Ritualschaffende die Hinterbliebenen menschlich zu unterstützen, mit fachlichem Wissen und Erfahrung dem Ritual eine Struktur zu geben und spirituell und seelisch zwischen den Welten zu vermitteln.

Wer unter einem Praxisbuch eine Art Rezeptbuch für Abschiedsrituale erwartet, den wird dieses Buch enttäuschen. Alle Reflexion kommt aus einer reichen Praxiserfahrung. Immer wieder greift sie Geschichten von Abschiedsritualen auf und veranschaulicht so ihre Ausführungen. Doch diese Beispiele sind keine Anleitung: so und so sollst/ kannst/ darfst Du das machen.

Ein Ritualrezept wäre: Man nehme eine Kerze, statt eines Plastikfeuerzeugs ein schönes langes Streichholz, zünde die Kerze an und lese dazu folgenden Text über das Kerzenlicht/ die Flamme des Lebens/ das Verlöschen der Flamme / das ewige Licht (und was es sonst noch für Lichtsymbolik gibt) vor. Danach trage man das Licht einmal um Sarg oder Urne und stelle es anschließend auf ein Tischchen mit dunklem Tuch (dunkel muss es sein wegen des Kontrastes zum hellen Licht).

Zugegeben, ich überspitze den Rezeptcharakter eines Rituals etwas. Aber ich erlebe selbst in meinen eigenen Ritualkursen, dass der Wunsch nach handhabbaren Anleitungen und geeigneten Textvorlagen groß ist. Viel schwieriger ist es, in sich eine Haltung für die Gestaltung von Ritualen zu entwickeln. Aus dieser Haltung heraus ist es möglich, das rituelle Tun im Zugang der Trauerfamilie zu Ritualen zu verankern, Symbole zu finden, die an die Lebenswirklichkeit des verstorbenen Menschen anknüpfen. Mit der Offenheit für das, was sich im Moment zeigt.

Im hinteren Teil des Buches finden sich dennoch einige Textvorschläge, die eine Fundgrube für Gestalter*innen von Abschiedsfeiern sind. Die Texte sind abgestimmt auf die verschiedenen Bestattungsarten, als Segenstext oder Gebet gekennzeichnet.

Die Funktion der Abschiedsfeier ist der Ausgangspunkt für die Gestaltung

Bereits dem ersten Teil des Buches merkt man an, dass Barbara Lehner ganz in der Begleitung trauernder Menschen und der Arbeit mit Ritualen beheimatet ist. Die Trauertheorien von William Worden, Chris Paul, Roland Kachler und Jorgos Canacakis werden nicht nur vorgestellt, sondern finden sich in ihrem Modell für Trauerfeiern und Bestattungsrituale wieder.

Sie führt die unterschiedlichen thematischen Fäden der Trauerexperten werden zusammen. Es gibt nicht die eine (richtige, aktuelle, moderne…) Trauertheorie, sondern jede vertieft einen wichtigen Aspekt der Trauer und alle zusammen zeigen auf, wie unterschiedlich das Trauererleben von Menschen ist. Die späteren Ausführungen zur Ritualgestaltung beziehen sich immer wieder auf die genannten Aufgaben und Aspekte der Trauer und verdeutlichen, dass jedes Ritual bei aller Kreativität eine Funktion, eine Absicht hat.

Die Rede als Teil des Rituals

Wer als Trauerredner*in Abschiedsfeiern begleitet, kennt die Diskussion um die Rituale. Manche Redner*innen fühlen sich ganz dem Wort verpflichtet. Sie halten eine Rede. Die Rituale überlassen sie den Kirchenvertretern.

Barbara Lehner dagegen kommt ganz von den Ritualen her. Sie vermittelt Grundlagen zur Arbeit mit Ritualen und befähigt, Trauernde mit gestalteten Ritualen zu begleiten. Die Traueransprache selbst ist bei ihr ein Teil der Abschiedsfeier, die in der Sprachlosigkeit Worte anbietet. Ihre Sicht auf die Trauerrede wurzelt in den Traueraufgaben. So dient die Rede der Traueraufgabe der Sinnfindung, führt noch einmal durch die Traueraufgaben und ermöglicht Orientierung, indem sie versucht das Erlebte in ein Größeres einzuordnen.

Dabei bezieht sie sich auf Viktor E. Frankl, den Begründer der Logotherapie, für den die Suche nach Sinn ein Teil des menschlichen Wesens ist. Das Leben liefere keinen Sinn. Es stelle vielmehr Fragen, die uns auf den Weg schicken. In diesem Ansatz gibt auch die Traueransprache keine Antworten, sondern gibt Impulse, mit denen sich die Trauernden selbst auf den Weg machen können. Welche Aufgabe stellt das Leben den Betroffenen gerade? Die Antworten finden die Menschen selbst, wenn sie sich der neuen Situation in ihrem Leben öffnen.

Über Barbara Lehner (Autorin)

Barbara Lehner, ist freischaffende Theologin und Fachfrau für Trauerbegleitung, Trauerrituale sowie Shibashi Qi Gong. Sie begleitet Trauernde, leitet Abschiedsfeiern und bildet selbst Trauerbegleiter*innen sowie Fachpersonen für Abschiedsfeiern aus. Sie lebt und arbeitet in Luzern.


Barbara Lehner

Praxisbuch Trauerfeiern und Bestattungen. Trauernde verstehen – Abschiedsrituale gestalten
Paperback, Broschur: 208 Seiten
Verlag: Patmos-Verlag (2021)
ISBN-13: 978-3-8436-1284-5
Preis: 24,00 €


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