Einen Tag bevor die Ausgangsbeschränkungen begannen, habe ich als Trauerrednerin eine Trauerfeier begleitet. Diese Feier konnte noch in einem Raum stattfinden, mit begrenzter Personenzahl und Stühlen, die weit auseinanderstanden. Jeder konnte sich die Hände desinfizieren, der Spender stand im Gang. Am Eingang wurden wir von einem Hinweis begrüsst, dass hier niemand mehr die Hand gibt, aber jeder herzlich willkommen sind. Alle haben Abstand voneinander gehalten, vor, während und nach der Feier. Bei der Beisetzung werden nur die Frau des Verstorbenen und seine Kinder mit dabei sein.


Corona hat Auswirkungen auf Trauerfeiern

In den letzten Tagen mehren sich die Zeitungsartikel, die die Auswirkungen der Corona-Krise auf das Abschiednehmen zum Thema haben. Das am 22.03.2020 erlassene Kontaktverbot lässt zwar Ausnahmen für Bestattungen zu, doch bundesweit ist die Anzahl der Personen deutlich eingeschränkt. Die Personenzahl ist lokal unterschiedlich geregelt. Doch es geht nicht nur um die Trauerfeier und Bestattung. Das Kontaktverbot wirkt sich weit darüber hinaus auf die Trauerverarbeitung aus.

Das Besondere bei der Trauerfeier vor wenigen Tagen war, dass ich den Verstorbenen kannte. Wir haben einige Jahre zusammen in einer Wohngemeinschaft gewohnt. In dieser Situation habe ich am eigenen Leib gespürt, wie sehr mir die Umarmungen mit den Freundinnen und Freunden fehlen. Wie traurig es war, danach allein nach Hause zu fahren, statt zusammenzusitzen und Erinnerungen zu teilen. Mir tut es gut, über diesen Verlust zu sprechen. Nicht nur den Verlust des Freundes, sondern auch der Rituale, der Gemeinschaft, des körperlichen Halts in der Umarmung oder Berührung. (* Was uns geholfen hat in dieser Situation – siehe am Ende des Artikels)

Als Rednerin erlebe ich gerade, wie sich das Abschiednehmen verändert und auf die Menschen auswirkt:

Verunsicherung

  • Die Unsicherheit, was überhaupt noch erlaubt ist an Kontakt.
  • Die Einschränkungen, die durch die Friedhofsverwaltungen erlassen werden, um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen.
  • Regelungen, die sich von Tag zu Tag verändern können. Es gibt bis kurz vor einer Trauerfeier keine Planungssicherheit mehr.
  • Regelungen sind nicht einheitlich, sondern können je nach Bundesland, Ort, sogar jeden Friedhof voneinander abweichen.
  • Es existieren technische Möglichkeiten, um in Zeiten des Verbots persönlicher Kontakte miteinander zu sprechen. Wer aber mit dem Internet, Videotelefonie und Onlinetreffen nicht vertraut ist, kann diese Möglichkeiten nicht nutzen und fühlt sich schnell überfordert.

Emotionale Belastung

  • Der Schmerz darüber, dass nahe Familienangehörige nicht anreisen können, weil sie zu weit weg wohnen. Oder sie dürfen nicht kommen, weil sie jenseits einer Landesgrenze leben.
  • Die Enkel dürfen keinen direkten Kontakt mit ihren Großeltern haben, die aufgrund ihres Alters und Vorerkrankungen zur Risikogruppe gehören.
  • Familienangehörige und Freunde können nicht mehr zu Besuch kommen und einfach da sein oder einen in den Arm nehmen. Viele weinen ihre Tränen gerade allein.
  • Die öffentlichen Plätze, wo es ein Stück Normalität in aller Trauer gab, sind verwaist. Man muss in der eigene Wohnung bleiben, der man manchmal gerne entfliehen würde.
  • Aktuell sind keine Hausbesuche mit persönlichem Gespräch über das Leben des Verstorbenen zur Vorbereitung einer Trauerfeier möglich.
  • In Italien ist das Gesundheitswesen kollabiert, schwerkranke Menschen werden in den Krankenhäusern abgewiesen und sterben. Das Militär transportiert Särge mit am Coronavirus Verstorbenen in entfernte Regionen, weil vor Ort die Kapazitäten für die Kremation fehlen. Diese Bilder aus Italien rufen auch in uns Ängste hervor.

Fehlende Abschiedsrituale

  • Trauerfeiern finden nur noch mit wenigen Personen, den nächsten Angehörigen,
  • Die Trauerhallen sind geschlossen. Der Abschied ist direkt am Grab.
  • Oft wird auf Musik verzichtet. Musiker dürfen nicht mehr live spielen. Und für viele fühlt es sich falsch an, mit wenigen Leuten hier technischen Aufwand zu betreiben.
  • Der Blumenschmuck ist eingeschränkt. Die Großhändler schmeißen Tonnen von Blumen weg. Die Floristen haben nur begrenzte Möglichkeiten.
  • Um Kontaktübertragung des Virus zu vermeiden dürfen die Angehörigen die Urne nicht mehr selbst tragen. Es steht keine Erde und kein Weihwasser am Grab.
  • Keine Kondolenzbücher, da ja der Stift angefasst werden müsste.
  • Trauernde erleben nicht mehr, wie allein die Anwesenheit aller anderen Trauergäste sie durch die Feier tragen kann.

Was weiterhin möglich ist

  • Gespräche zur Vorbereitung einer Abschiedsfeier und Beisetzung. Momentan führe ich diese Gespräch nur per Telefon, Skype (Videogespräch) oder Zoom (Videogespräch mit mehreren Personen möglich).
  • Wenn die Rituale wegfallen, wird das Wort umso wichtiger. Zuspruch, Erinnerungen, Aussprechen der vielfältigen Verluste. Menschen, die nicht persönlich anwesend sein können werden benannt. So kann der gemeinsame Raum im Herzen entstehen, der ein gemeinsames Abschiednehmen auch über Distanzen hinweg möglich macht.
  • Smartphone, Musikdateien, eine Bluetooth-Abspielgerät – mehr braucht es nicht, um Musik abzuspielen.
  • Der Abschied am Grab kann als Video aufgenommen werden. Dazu braucht es kein Kamerateam. Die technische Grundausstattung Smartphone, Stativ und Mikrofon ist relativ einfach einzurichten.
  • Andere können per Livestream beim Abschied am Grab teilnehmen. Dazu braucht es eine stabile Internetverbindung. Die „Fernteilnehmer“ benötigen die entsprechende Technik. Meiner Einschätzung nach, bindet diese Variante viel Aufmerksamkeit der Angehörigen und derjenigen, die die Technik bereitstellen. Das lenkt sehr vom Abschiednehmen ab.

Entscheidungen, die Angehörige treffen müssen

  • Wählen wir die Erd- oder die Feuerbestattung? Bei Erdbestattungen muss alles aufgrund der zeitlichen Einschränkung im kleinsten Kreis stattfinden. Bei der Feuerbestattung entsteht ein Zeitfenster zwischen Tod und Bestattung.
  • Führen wir die Urnenbeisetzung zeitnah durch? Das Grab auf dem Friedhof oder im Bestattungswald können dann andere schon besuchen.
  • Oder warten wir mit der Beisetzung, bis wieder Trauerfeiern möglich sind, damit alle kommen können und wieder die vertrauten Gestaltungsmöglichkeiten gegeben sind?
  • Was bedeutet es für unseren Abschiedsprozess? Wie überstehe ich emotional eine solche Wartezeit?
  • Wo wird die Urne in der Zwischenzeit aufbewahrt, bevor die Feier mit Urne und Beisetzung wieder gestalten können?
  • Wie kann ich gemeinsam mit Familie und Freunden trauern, auch wenn wir uns nicht besuchen können?

Meine persönliche Abschiedserfahrung in Corona-Zeiten. Hier die Fortsetzung…

Was uns in dieser Situation geholfen hat:

  • Wir haben die Menschen benannt, die auch gerne zur der Trauerfeier gekommen wären, wegen der Beschränkungen aber nicht kommen konnten. In unseren Herzen haben wir einen gemeinsamen Raum geschaffen, in dem wir sie mit hineingenommen haben. 
  • Teile eines Chores sind gekommen und haben draußen vor den Fenstern gestanden und gesungen.
  • Dieser Chor hat nach der eigentlichen Feier im großen Hof mit gebührendem Abstand voneinander noch ein Lied angestimmt, bei dem alle mitsingen konnten.
  • Wir haben uns die Zeit genommen, die wir gebraucht haben.
  • Die Anteilnahme, die über Traueranzeigen, persönliche E-Mails und Karten die Familie und die Freunde erreicht hat.
  • Auf einer Webseite wurde eine Unterseite erstellt, die in der Traueranzeige genannt wurde. Dort konnten sich alle Freunde und Weggefährten darüber informieren, wie der aktuelle Stand für die Trauerfeier ist. Dort wird mitgeteilt werden, wo sich das Grab befindet. So kann zumindest jeder allein ans Grab gehen.
  • Das Wissen, dass die Corona-Krise irgendwann vorbei sein wird. Keiner weiß, wie es sich dann anfühlen wird. Aber wenn es richtig erscheint, wird es eine große Gedenkfeier geben, an der alle, die ihn kannten teilnehmen können. Ein Fest des Lebens wird es werden.

Meine Angebote

Ein Beratungsgespräch

Es hilft, über solche Fragen zu sprechen, um Klarheit darüber zu gewinnen, welche Form in der aktuellen Situation die beste FÜR SIE ist. Ich berate Sie in all diesen Themen.

Begleitung von Trauerfeiern

  • Für Trauerfeiern in Freiburg i.Br. und den umliegenden Orten begleite ich weiterhin in Zusammenarbeit mit dem Bestattungsunternehmen unter Beachtung der aktuellen Kontaktregelungen.
  • Auf Wunsch bringe ich meine Bluetooth-Box mit, um Musik abspielen zu können. Wobei das ein Part ist, den auch gerne jüngere Menschen übernehmen, die einen selbstverständlichen Umgang mit den Geräten haben.

Begleitung von Gedenkfeiern

Es wird eine Zeit nach Corona geben. Dann wollen Sie vielleicht Familie, Freundinnen/ Freunde und Weggefährten zu einer Gedenkfeier einladen.

  • Ich unterstütze Sie gerne bei der Gestaltung einer Gedenkfeier, wenn Sie in der aktuellen Situation nur in ganz kleinem Kreis Abschied nehmen konnten.
  • Eine Gedenkfeier kann überall stattfinden: Zuhause, im Garten, an einem Lieblingsort in der Natur, in einem Lokal. Auch der Friedhof oder die Räumlichkeiten eines Bestattungshauses sind möglich.
  • Sie können mich für die rituelle Gestaltung und eine Gedenkrede ansprechen. Im einem ausführlichen Vorgespräch besprechen wir gemeinsam Ablauf und Inhalt.
  • Sie können mich auch für die Organisation einer solchen Gedenkfeier ansprechen: Raumsuche, Dekoration, musikalische Gestaltung u.a.

Bitte rufen Sie mich dazu direkt an
+49 7666 9034224


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